Herzklappen-Ersatz

Ab einem bestimmten Schweregrad der Erkrankung ist der operative Ersatz der Herzklappe die Behandlungsmethode der Wahl. Sie ist der Therapie mit Medikamenten oder gar dem natürlichen Verlauf der Erkrankung bei weitem überlegen. Diese Operationen können heute bei Patienten nahezu jeden Alters durchgeführt werden. Zudem erlaubt die große Zahl der zur Verfügung stehenden Ersatzklappen eine sehr individuelle und patientengerechte Auswahl.

Für den Ersatz von Herzklappen stehen heute grundsätzlich drei verschiedene Typen von Ersatzklappen zur Verfügung.

  • Biologische Prothesen
  • Mechanische Prothesen
  • Menschliche "Spender"-Herzklappen (sog. Homografts)

An den idealen Herzklappen-Ersatz wird eine Reihe von Anforderungen gestellt. Er sollte bis zum Lebensende des Patienten halten, keine Gerinnselbildung (Thrombose) bzw. Embolien verursachen, keine Zerstörung roter Blutkörperchen (Hämolyse) auslösen, die körperliche Leistungsfähigkeit durch einen normalen (physiologischen) Blutfluss erhalten bzw. wiederherstellen, problemlos verfügbar und leicht einsetzbar sein.

Jedoch wird keine der verfügbaren Ersatzklappen all diesen Anforderungen zugleich gerecht. Jeder Typ zeigt besondere Vor- und Nachteile.

Als Ersatz für menschliche Herzklappen können biologische Prothesen verwendet werden. Dabei handelt es sich entweder um Aortenklappen des Schweins oder um Klappen, die aus dem Herzbeutelgewebe des Kalbes geformt werden. Durch einen entsprechenden Herstellungsprozess wird das tierische Gewebe soweit abgetötet, dass keine Abstoßungsreaktionen möglich sind. Der große Vorteil der Bioprothesen: Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung (Antikoagulantien) sind nur kurzfristig erforderlich. Damit bieten biologische Prothesen einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität und werden deshalb in unserem Haus bevorzugt implantiert.

Grundsätzlich werden zwei Formen von biologischen Prothesen unterschieden:

  • Biologische Prothesen, bei denen das tierische Gewebe auf einem Gerüst (Stent) montiert ist.
  • Biologische Prothesen ohne Gerüst (stentless), die der Aortenwurzel des Schweins entsprechen.

Vor- und Nachteile von biologischen Prothesen mit Gerüst

Vorteile:

  • jederzeit verfügbar (Größen, Anzahl)
  • erprobte Operationstechnik
  • Einnahme von Gerinnungshemmern (Aspirin, kein Markumar) nach drei Monaten nicht mehr erforderlich (bei Sinusrhythmus)
  • Einsetzen durch künstlichen Nahtring erleichtert

Nachteile:

  • größerer Platzbedarf
  • stärkere prothesenbedingte Einengung des Blutflusses (vor allem bei kleinen Prothesengrößen)
  • nur für einen bestimmten Zeitraum haltbar, stärkeres Verkalken bei jüngeren Patienten

Vor- und Nachteile von biologischen Prothesen ohne Gerüst

Vorteile:

  • Blutfluss (Hämodynamik) praktisch vergleichbar dem einer natürlichen Herzklappe
  • sehr gut auch für kleinere Aortendurchmesser geeignet
  • vermutlich längere Haltbarkeit als bei Bioprothesen mit Gerüst

Nachteile:

  • Operation von hohem technischem Aufwand
  • Biologische Prothesen ohne Gerüst (Stentless-Prothesen) werden nur als Ersatz von Aortenklappen eingesetzt

Als Alternative zur biologischen Klappe stehen mechanische Prothesen zur Verfügung. Heute sind vor allem zwei Varianten von Bedeutung: die Kippscheibenprothese und die Doppelflügelprothese. Diese Ersatzklappen haben die früher häufig verwendete Kugelprothese abgelöst. Hergestellt werden sie aus Kunststoff und sehr gut bioverträglichen Kohlenstoffverbindungen.

Die Kippscheibenprothese verfügt über einen Kippdeckel, der den Blutfluss durch Öffnen und Schließen steuert. Im Vergleich zur Kugelprothese sind die Vorteile dieser Prothese die größere Öffnungsfläche, das geringere Profil und das geringere Thrombembolie-Risiko. Bei der Doppelflügelprothese ist der Kippdeckel in zwei Hälften geteilt, die sich senkrecht zur Klappenebene öffnen. Dies sorgt für eine größere Öffnungsfläche auch bei geringen Querschnitten.

Vor- und Nachteile von mechanischen Prothesen

Vorteile:

  • sie sind ständig und in allen Größen verfügbar,
  • die mechanische Haltbarkeit ist für ein Menschenleben ausreichend,
  • sie sind zeitlich unbegrenzt haltbar,
  • die Implantationstechnik ist relativ einfach,
  • das Einsetzen wird durch künstliche Nahtringe erleichtert.

Nachteile:

  • Notwendigkeit, während des gesamten Lebens Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung (Antikoagulantien) einzunehmen,
  • erhöhtes Risiko von Thrombembolien,
  • durch die Antikoagulation erhöhte Blutungsneigungen,
  • bisweilen hörbares Klappengeräusch,
  • höheres Risiko von Hämolyse und Endokarditis,
  • prothesenbedingte Einengung des Blutflusses, besonders bei steigender körperlicher Belastung und kleinen Klappengrößen.

Als Ersatz für eine erkrankte Herzklappe können auch menschliche Herzklappen, sogenannte Homografts, eingesetzt werden. Sie stammen von verstorbenen Spendern oder aus Herztransplantationen. Die Klappen bleiben bei der Präparation mit der Aorta beziehungsweise der Pulmonalarterie verbunden und können daher flexibel eingesetzt werden. Durch die Technik der Kryokonservierung - dem computergesteuerten Einfrieren der Klappen und Lagerung in flüssigem Stickstoff - können Homografts gelagert werden und sind dadurch überhaupt erst verfügbar.

Homografts verwenden wir in erster Linie für den Pulmonalklappenersatz im Rahmen der Ross-Operation. Eine Behandlung mit blutgerinnungshemmenden Medikamenten (Antikoagulantien) ist nicht erforderlich.

Der operative Zugang am Herzen zu der erkrankten Herzklappe wird so gelegt, dass möglichst wenig Herzmuskulatur geschädigt wird. Die Aortenklappe wird durch eine Eröffnung der Hauptschlagader erreicht, die Mitralklappe über den linken Herzvorhof. Damit kann die direkte Eröffnung einer Herzkammer vermieden werden.

Bei der Verwendung von mechanischen oder gerüstmontierten biologischen Prothesen wird das Gewebe der erkrankten Herzklappe komplett entfernt. Am Ansatz der Klappe im Herzen werden zahlreiche Nähte aus Material vorgelegt, das sich auch nach Jahren nicht auflöst. Diese Nähte werden durch den Nahtring der Prothese geführt und diese damit in der Position der patienteneigenen Herzklappe eingeknotet.

Technisch aufwändiger ist die Implantation von gerüstfreien biologischen Prothesen als Ersatz für die erkrankte Aortenklappe. Diese Prothesen liegen als Einheit mit der natürlichen Aortenwurzel vor. Um eine möglichst physiologische Implantation zu gewährleisten, bevorzugen wir die Implantation in der Wurzelersatztechnik. Dazu wird neben der erkrankten Aortenklappe auch das umgebende Gewebe der Hauptschlagader entfernt und ersetzt. Die hier entspringenden Herzkranzgefäße müssen neu mit der Prothese verbunden werden. Alternativ kann auch die patienteneigene Spenderklappe (Pulmonalklappe) in der Aorta des Patienten eingesetzt werden (siehe Ross-OP). Diese aufwändigere Technik scheint uns in vielen Fällen gerechtfertigt, da sie durch unsere große chirurgische Erfahrung mit diesem Eingriff mit keinem höheren operativen Risiko verbunden ist und eine hervorragende Klappenfunktion sicherstellt.

Alle Eingriffe an der Mitralklappe führen wir in minimalinvasiver Technik über einen kleinen Hautschnitt an der rechten seitlichen Brustwand durch. Bei ausgewählten Patienten kann auch die Aortenklappenoperation minimalinvasiv durchgeführt werden. Dabei wird nur das obere Drittel des Brustbeins eröffnet, der Hautschnitt beträgt nur 5 - 6 cm.

Welche Klappe für welchen Patienten?

Problem der Auswahl der für den individuellen Patienten idealen Herzklappe ist nach wie vor, dass es noch keine "optimale" Herzklappenprothese gibt. Mechanische Prothesen sind theoretisch ein Menschenleben lang haltbar, haben aber den Nachteil des körperfremden Materials mit der Notwendigkeit zu einer lebenslangen medikamentösen Zusatztherapie zur Herabsetzung der Blutgerinnung. Konsequenzen sind neben einer Herabsetzung der Lebensqualität eine im Langzeitverlauf höhere Komplikationsrate als Folge des Klappenersatzes. Biologische Klappen vermeiden dieses Risiko und gewähren eine bessere Lebensqualität. Die Haltbarkeit der Prothese ist aber nicht unbegrenzt und bei allen Verfahren wird vor allem bei jüngeren Patienten ein zweiter herzchirurgischer Eingriff im Langzeitverlauf notwendig werden.

Gerüstmontierte biologische Prothesen sind heute bei Patienten über 65 Jahre erste Wahl; die voraussichtliche Haltbarkeit dieser Prothesen sollte bei den meisten Patienten der Lebenserwartung entsprechen. Ob gerüstfreie biologische Prothesen diese Ergebnisse noch verbessern können, bleibt abzuwarten, entsprechende Langzeitergebnisse liegen noch nicht vor. Damit ist als einziger Vorteil einer mechanischen Prothese die unbegrenzte Haltbarkeit zu betrachten, wofür aber eine erheblich höhere Komplikationsrate im weiteren Leben in Kauf genommen werden muss. Durch diese Problematik bedeutet die Implantation einer mechanischen Klappe für den Patienten nicht unbedingt eine bessere Lebenserwartung, insbesondere auch, da mögliche Zweitoperationen zum Auswechseln einer degenerierten biologischen Klappe heute mit sehr geringem Risiko verbunden sind.

Für sportlich aktive, jüngere Patienten oder Frauen mit Kinderwunsch, die eine Antikoagulation auf jeden Fall vermeiden und auch vom Vorteil eines möglichst physiologischen Klappenersatzes profitieren möchten, halten wir vor allem die Ross-Operation, bedingt auch Homografts und Stentless-Prothesen für eine hervorragende Alternative. Allerdings muss bei vielen Patienten im Langzeitverlauf eine Zweitoperation einkalkuliert werden. Weitere Faktoren, die bei der Wahl des operativen Verfahrens berücksichtigt werden sollten, sind die Herzfunktion, mögliche Begleiterkrankungen und die voraussichtliche Lebenserwartung des einzelnen Patienten.

Erste Wahl für alle Klappeneingriffe sollte immer die Rekonstruktion der patienteneigenen Klappe sein, was bei Mitralklappenfehlern meistens, bei Erkrankungen der Aortenklappen heute auch zunehmend möglich ist.