Suche icon

Endlich Klarheit

Lange wussten Florian und seine Eltern nicht, warum er immer keine Luft bekam und ständig krank war. Bis die Ärzte im Olgahospital eine Mukoviszidose festgestellten. Jetzt darf er wieder kicken - zumindest als Torwart. 

Irgendwann konnte Florian K. mit seinen Kumpels nicht mehr mithalten. Beim Rumtollen und vor allem beim Kicken ging ihm immer schneller die Puste aus. Bis er schließlich in seinem Fußballverein aus dem Kinderteam flog. "Mangelhafte Leistung" wurde ihm dann auch im Schulsport bescheinigt. Für die Gründe interessierte sich keiner. "Da hat nie einer genauer nachgefragt", sagt der heute elfjährige Realschüler, der damals sehr darunter litt, sportlich zu versagen.

Dass er mindestens einmal jährlich mit einer Lungenentzündung zu kämpfen hatte, häufig unter Bauchschmerzen litt und oft krankheitsbedingt in der Schule fehlte, schien zu dieser Zeit niemanden ernsthaft zu beunruhigen. "Da wurden meist psychische Probleme hineininterpretiert", erzählt seine Mutter. "Die Symptome hätten viel früher Anlass für eine genaue Untersuchung sein müssen", sagt dagegen Dr. Stephan Illing. Der Oberarzt der Pädiatrie 3 des Olgahospitals wurde eines Morgens im November 2013 zu einem "merkwürdigen" Fall gerufen. Es war Florian K., der am Abend zuvor gegen 20 Uhr notfallmäßig in das Stuttgarter Kinderkrankenhaus eingeliefert worden war. Er hatte über längere Zeit starken Husten und Fieber, zuletzt war das Fieber beständig gestiegen. Das Team der Aufnahmestation "OASE" des Olgahospitals erkannte bei der Untersuchung und auf dem Röntgenbild deutliche Entzündungszeichen der Lunge und stabilisierte Florian K. über Nacht mit Infusionen, Sauerstoff und Antibiotika.

Doch das OASE-Team wollte sichergehen, da die diagnostizierte Lungenentzündung einen untypischen Charakter hatte. Außerdem hatte ein auffälliger Laborwert auf eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse hingewiesen. Deshalb wurde am nächsten Morgen ein interdisziplinäres Team zusammengerufen. Neben dem Pulmologen und Allergologen Dr. Illing gehörten dazu auch die Kindergastroenterologen Dr. Axel Enninger und Dr. Thomas Heigele. Eine solche Vorgehensweise ist Usus im Olgahospital – und sie steht seit dem Umzug des Kinderkrankenhauses in den Neubau auf dem Gelände des Katharinenhospitals auf noch stabileren Beinen. 

Denn im Neubau wurde die bisherige Aufnahmestation "OASE" durch die Pädiatrische Interdisziplinäre Notaufnahme (PINA) abgelöst. "In der PINA werden rund um die Uhr alle notfallmäßig ins Olgahospital kommenden Patienten versorgt, und zwar von Beginn an von einem interdisziplinären Team", erklärt Dr. Enninger, der die neue PINA leitet. Zu diesem Team gehören stets ein Pädiater und ein Kinderchirurg, bei Bedarf werden weitere Disziplinen wie Orthopädie oder HNO hinzugeholt. 

Im Fall von Florian K. war den Spezialisten schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt: "Alles wies auf eine Mukoviszidose hin", sagt Dr. Illing. Eine sofort durchgeführte Schweißtestdiagnostik – Mukoviszidose Patienten haben im Vergleich zu gesunden Personen eine erhöhte Chloridionenkonzentration im Schweiß – bestätigte den Verdacht: Florian K. leidet an der Stoffwechselerkrankung zystische Fibrose (Mukoviszidose). Das OASE-Team lag mit seiner Einschätzung "merkwürdig" also richtig. "Mukoviszidose ist eine Erbkrankheit, die in der Regel früh erkannt wird. Dass sie wie bei Florian K. erst im Alter von zehn Jahren entdeckt wird, ist sehr untypisch", erklärt Dr. Illing. 

Größtes Mukoviszidose-Zentrum in Baden-Württemberg

Nach der schnellen Diagnosestellung wurde die vom OASE-Team bei Florian K. eingeleitete Behandlung aktualisiert. Da Mukoviszidose viele Organsysteme betrifft – neben der Lunge und der Bauchspeicheldrüse können unter anderem auch Verdauungstrakt, Leber, Galle und Atemwege betroffen sein – wurden zudem weitere Abteilungen des Olgahospitals in die Untersuchungen einbezogen. Und schon am zweiten Tag nach der Aufnahme begannen auch die ersten physiotherapeutischen Übungen. "Neben Inhalationen und Medikamenten ist die Physiotherapie die wichtigste Maßnahme, um eine Mukoviszidose in den Griff zu bekommen", betont Dr. Illing. Er betreut jährlich rund 150 Mukoviszidose-Patienten, das Olgahospital ist damit das größte Mukoviszidose-Zentrum in Baden-Württemberg. 

Aktiv ist der Oberarzt aber auch im Erwachsenenbereich: "Dank neuer Therapiemöglichkeiten ist die Lebenserwartung von Mukoviszidose-Patienten stark gestiegen, so dass sie dem Kinder- und Jugendarzt entwachsen." Zusammen mit der Pneumologie des Katharinenhospitals hat Dr. Illing deshalb ein Mukoviszidose-Zentrum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf den Weg gebracht. 

Auch Florian K. hat sehr gute Chancen, das höhere Erwachsenenalter zu erreichen. Im Olgahospital erfuhren er und seine Angehörigen alles über die Krankheit – auch dass sie nicht heilbar ist. Er lernte, was er selbst tun kann, um die typische Schleimbildung zu reduzieren, und auf was er achten muss. Nach zwei Wochen stationärem Aufenthalt konnte er schließlich entlassen werden, "mit deutlich verbesserter Lungenfunktion", wie sich Dr. Illing erinnert. Alle sechs bis acht Wochen schaut er seither zur Nachkontrolle in der CF-Ambulanz des Olgahospitals vorbei. 

Florian K. ist zurück im Leben. "Nun weiß ich endlich, was mir fehlt", sagt er. Und da auch seine Mitschüler und Lehrer informiert wurden, geht es auch sportlich wieder bergauf. Im Schulsport muss er nicht alle Übungen mitmachen und er hat sogar wieder angefangen, Fußball zu spielen – als Torwart.