Extremitätenrekonstruktion

Zur Längen und Achskorrektur bei angeborenen oder durch Unfall erworbenen Fehlbildungen an den Extremitäten gibt es inzwischen eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme.

Bereits 1951 entwickelte der russische Chirurg Gavriil Abramovich Ilizarov eine Methode, bei der Ringe mit den Knochen verbunden werden. Die Verbindung erfolgt über in die Haut eingebrachte Drähte. An den Ringen konnten Verstellmechanismen angebracht werden, nachdem der Knochen operativ durchtrennt worden war. Diese Verstellmechanismen dienten zur Verlängerung der Knochen und zur Korrektur von Achsverbiegungen in Millimeterschritten.

Bekannt wurde die Methode Ilizarovs, nachdem dieser 1965 den russischen Hochsprung-Star Valery N. Brumel nach einem Motorradunfall mit einem Fixateur externe behandelte. 1973 übersprang Brumel bei einem Wettkampf in Moskau wieder 2,05 Meter.

Inzwischen erfolgreich etablierte Methode

1981 machte der italienische Professor A. Bianchi-Maiocchie die Ilizarov-Methode in Westeuropa bekannt. Bei komplexen Fehlbildungen können nach Durchtrennung des Knochens nicht nur Längen- und Achskorrekturen durchgeführt, sondern auch die Haut, die Muskulatur und die Sehnen dem künstlichen Wachstum angepasst werden. Bei der Knochenverlängerung bildet sich zunächst zarter, noch nicht belastbarer Knochen (Kallus), der im weiteren Verlauf seine Struktur verändert und letztendlich zu stabilem Knochen wird. Die Methode wird verwendet bei sämtlichen Fehlstellungen und Verkürzungen der Beine.

Eine Weiterntwicklung des Ringsystems von Ilizarov ist der TSF (Taylor spatial frame), ein von John Taylor (USA) entwickeltes Ringsystem, mit dem sich die Fehlstellungen in allen Ebenen korrigieren lassen. Dabei wird über ein Computerprogramm die Fehlstellung analysiert und der Korrekturplan errechnet. Nach dem Korrekturplaner wird das zum Beispiel am Bein montierte Ringsystem täglich verstellt und die Fehlstellung korrigiert. Das TSF-System gewinnt immer mehr an Bedeutung und gehört heutzutage zu den etablierten Systemen zur Korrektur angeborener und erworbener Fehlstellungen.

Alternative Systeme

Neben dem Ringfixateur nach Ilizarov gibt es zur Verlängerung der Extremitäten auch andere Verlängerungssysteme wie der sogenannte Unilaterale Fixateur, eine Methode, bei der nur ein Schienensystem zur Verlängerung angelegt wird. Diese Verfahren findet vor allem am Oberschenkel und Oberarm Anwendung. Ein weiteres Verfahren ist die Verlängerung ohne äußeres Verlängerungssystem. Hier wird zum Beispiel am Oberschenkel ein Nagel implantiert, welcher einen Verlängerungsmechanismus aufweist und nach Knochendruchtrennung die Extremität verlängert. Der früher gebräuchliche Nagel, der sogenannte ISKD (intramedullary skeletal kinetic distraction) wurde durch den moderneren und viel besser und komfortabler steuerbaren Precice-Nagel ersetzt. Über einen extern angewendeten Magneten wird das magnetgesteuerte Getriebe für die Verlängerung genutzt. Zwischenzeitlich haben wir in unserer Klinik, die zu den ersten Anwendern in Deutschland gehörte, exzellente Erfahrungen mit diesem System gesammelt und über hundert Verlängerungen abgeschlossen.

Angewandt vor allem bei angeborenen Fehlbildungen

Alle beschriebenen Verfahren werden in unserer Klinik eingesetzt. Behandelt werden vor allem Patienten mit angeborenen Fehlbildungen, wie die Beinverkürzung bei fehlendem Wadenbein (fibulare Hemimelie). Aber auch Beinverkürzungen nach Unfall oder nach Knochenentzündungen sind oft behandlungsbedürftig.

Die Betreuung der Patienten erfolgt in unserer Fixateursprechstunde. Patienten werden hier sorgfältig und ausführlich zur Fehlbildung und zum Korrekturverfahren beraten. Nur durch eine sorgfältige Vorbereitung und eine entsprechende Nachsorge kann auch ein Erfolg erzielt werden