Neurophysiologische Diagnostik
Die neurophysiologische Diagnostik umfasst ein Spektrum verschiedener Methoden, mit denen Funktionen von Muskel, Nerven, Rückenmark und Gehirn untersucht und Rückschlüsse auf mögliche Erkrankungen gezogen werden können.
Die Untersuchungen werden von einem Team aus Neurologen und Medizinisch-technischen Assistent(in)en (MTA) durchgeführt. Das Labor ist mit modernsten Geräten und Verfahren ausgestattet. Unser Labor steht der neurochirugischen Klinik und der Wirbelsäulenchirurgie mit einem neurophysiologischen intraoperativen Monitoring (IOM) zur Verfügung, wodurch die Sicherheit operativer Verfahren erhöht wird. Mit speziellen Stimulationsverfahren können vor einer Operation am Gehirn kritische Areale identifiziert werden. Neurophysiologische Untersuchungen dienen auch der Objektivierung von Funktionsstörungen und Schäden im Rahmen von Gutachten (z.B. nach einem Arbeitsunfall).
Dieses Verfahren dient der Ableitung und Aufzeichnung der Hirnströme. Für die Messung werden Elektroden mittels einer Haube auf die Kopfhaut aufgebracht. Eine EEG-Messung dauert meist 10 Minuten. Das EEG wird vorwiegend zur Abklärung von Anfallsleiden, Gedächtnis- und Bewusstseinsstörungen und bei schwerstkranken Patienten für die Prognoseabschätzung und die Hirntoddiagnostik verwandt. Bei speziellen Fragestellungen wird das EEG unter Hyperventilation, Photostimulation, nach Schlafentzug oder kombiniert mit einer Videoaufzeichnung durchgeführt. Es steht eine moderne digitale EEG-Anlage mit stationären und mobilen Ableiteplätzen und der Möglichkeit zur Video-EEG-Aufzeichnung zur Verfügung. Neben den Standardableitungen können auch Langzeituntersuchungen mit einem tragbaren Gerät durchgeführt werden. Für die spezielle Anfallsabklärung steht ein Patientenzimmer mit Möglichkeit zur Langzeit-Aufzeichnung eines Video-EEGs zur Verfügung.
Mit diesem Verfahren werden mittels einer speziellen dünnen in den Muskel eingestochenen Myographienadel normale und krankhaft veränderte Muskelaktionspotentiale registriert und ausgewertet. Damit können Hinweise für Muskelerkrankungen (Myopathien) und periphere Nervenerkrankungen (Neuropathien) verschiedener Ursache gefunden werden. Außerdem kann das Verfahren zur Beurteilung der Muskelaktivität bei Dystonien sowie zur gezielten Injektion von Botulinumtoxin eingesetzt werden.
Hierbei handelt es sich um Verfahren zur Messung der sensiblen und motorischen Nervenleitung. Es wird beispielsweise eingesetzt zur Diagnostik und Einordnung von Polyneuropathien, zur Feststellung von Engpass-Syndromen (z.B. Karpaltunnelsyndrom) oder Nervenschäden nach Unfällen. Die Neurographie wird oft mit der Elektromyographie kombiniert.
Hierbei handelt es sich um spezielle neurographische Methoden. Mittels Serienstimulation wird die Reizüberleitung vom Nerven auf den Muskel untersucht. Dieses Verfahren kommt bei der Untersuchung auf neuromuskuläre Erkrankungen wie die Myasthenia gravis (postsynaptisch) oder das Lambert-Eaton- Syndrom (präsynaptisch) zum Einsatz.
Reflexuntersuchungen wie der Blinkreflex (Orbicularis-oculi-Reflex) und der Masseter-Hemmreflex können bei Erkrankungen des Hirnstamms wichtige diagnostisch Hinweise liefern.
Dabei handelt es sich um eine Methode, bei der mittels verschiedener Reize elektrische Potentiale entlang von Nervenbahnen, im Rückenmark und im Gehirn ausgelöst („evoziert“) werden. Sie werden vom Gehirn wie beim EEG mit Elektroden (Klebeelektroden oder Akupunkturnadeln) von der Kopfhaut abgeleitet.
Untersucht wird die Sehfunktion mittels visuell evozierter Potentiale (VEP), die Hörfunktion mittels akustisch evozierter Hirnstammpotentiale (AEP), Funktionen des Gleichgewichtsorgans mittels vestibulär evozierter myogener Potentiale (VEMP), die sensible Reizleitung mittels somatosensibel evozierter Potentiale (SSEP) und die motorische Reizleitung mittels motorisch evozierter Potentiale (TMS/MEP).
Mittels SEP und MEP kann zwischen peripheren (Nerven) und zentralen (Rückenmark und Gehirn) Störungen der Reizleitung unterschieden werden. Anwendung finden die Verfahren bei der Diagnostik von multipler Sklerose, Tumoren und Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückenmarks.
Mit einer speziellen transcraniellen Magnetstimulation können vor einer Operation am Gehirn kritische Areale identifiziert und 3-dimensional auf die Bildgebung projiziert werden. Dieses Verfahren ist Teil der prächirurgischen Diagnostik und Neuronavigation für die hiesige Klinik für Neurochirurgie.
Für die Untersuchung und Objektivierung von Gangstörungen steht ein Gangteppich mit eingebauten Sensoren zur Verfügung. Dadurch können Gangparameter wie Schrittlänge, -breite, Geschwindigkeit, Ausfallschritte u.a. digital erfasst werden.
Augenbewegungen und deren Störungen können mit Hilfe einer speziellen Untersuchungsbrille mit integrierten Infrarotkameras aufgezeichnet und dann digital analysiert werden. Das Verfahren kommt in der erweiterten Diagnostik von Schwindel, Kleinhirn- und Hirnstammerkrankungen zur Anwendung. Durch Kombination mit der Kalorik-Prüfung, einer Warm- und Kaltwasserspülung der äußeren Gehörgänge, kann die Funktion des Labyrinthes (horizontaler Bogengang) überprüft werden.