Zentrum für Schilddrüsenkarzinome
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Operative Therapie des Schilddrüsenkarzinoms

Die Standard-Operation ist die komplette Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie). Nur bei wenigen Tumorstadien ist eine einseitige Entfernung der Schilddrüse (Hemithyreoidektomie) ausreichend.

Der operative Zugang erfolgt über einen bogenförmigen Halsschnitt entlang der Hautspaltlinien (Kocher´scher Kragenschnitt). Zu Beginn der Operation wir der X. Hinrnerv, der N. vagus dargestellt, um mit Hilfe des Neuromonitorings die Funktion der Stimmbandnerven zu Beginn der Operation zu prüfen. In der Folge wird dann der sogenannte „Stimmbandnerv“, der N. laryngeus recurrens dargestellt und bis zu seiner Einmündung in den Kehlkopf verfolgt. Die Unversehrtheit wird während der gesamten OP mit dem Neuromonitoring überwacht. So gelingt in den meisten Fällen eine Schonung dieses wichtigen Nerven und somit der Erhalt der normalen Stimmfunktion.In seltenen Fällen, wenn er Tumor in den Nerven hineinwächst (Infiltration) muss der Nerv bewusst entfernt (reseziert) werden. 

Bei der Thyreoidektomie wird weiterhin darauf geachtet, die vier Nebenschilddrüsen (zwei auf jeder Seite) zu schonen, um einen normalen Calciumstoffwechsel aufrechtzuerhalten. Bei ausgedehnten Operationen aufgrund des Tumors werden die Nebenschilddrüsen ggf. reseziert und am Ende der Operation wieder in die Halsmuskulatur eingesetzt. Zum Abschluss werden Wunddrainagen eingelegt und die Wunde wird durch eine Naht verschlossen. Die Drainagen werden bereits am 1. Tag nach der Operation wieder entfernt. Der Patient wird dem HNO-Arzt erneut vorgestellt, um die Stimmbandfunktion zu kontrollieren. Der Hautfaden kann ab dem 4. Tag nach der Operation entfernt werden. Duschen dürfen die Patienten bereits ab dem 1. Tag nach der Operation und in aller Regel nach Erhalt des endgültigen  histologischen Ergebnisses die Klinik am 2. Tag nach der Operation wieder verlassen.

Sollte sich der Tumor bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befinden, müssen die Halslymphknoten mit entfernt werden. Bei den relevanten Lymphkonten unterscheidet man das zentrale Kompartment zwischen Luftröhre und Halsgefäßen, das laterale Kompartment seitlich der Halsgefäße und das Kompartment unterhalb des Schlüsselbeines (mediastinales Kompartment). Bricht der Tumor in andere Strukturen, wie z.B. die Luft- oder Speiseröhre ein, muss - sofern die Möglichkeit besteht, den Tumor komplett zu entfernen - in sorgfältiger Absprache mit dem Patienten ein radikales operatives Verfahren angewendet werden.

Wird ein Schilddrüsenkarzinom bei einer Operation zufällig entdeckt, wird der Patient bei uns innerhalb von drei Tagen nach der Erstoperation erneut operiert, da spätestens am 2. Tag nach der Primäroperation das endgültige histologische Ergebnis aus der Pathologie vorliegt. Aus diesem Grund werden Schilddrüsenoperationen bevorzugt in der ersten Wochenhälfte geplant.

Beim papillären Mikrokarzinom (<1cm) handelt es sich in aller Regel um einen Zufallsbefund bei Operation einer knotig vergrößerten Schilddrüse (Knotenstruma). 

Hier ist eine Hemithyreoidektomie ausreichend. Solange ein papilläres Schilddrüsenkarzinom die Schilddrüsenkapsel nicht überschreitet kann von einer prophylaktischen zentralen Kompartmentresektion abgesehen werden. Bei Tumoren, die größer als einen Zentimeter sind, und bei Überschreiten der Schilddrüsenkapsel ist die Thyreoidektomie angezeigt. Zusätzlich führen wir eine zentrale Kompartmentresektion durch, da häufig Lymphknotenmetastasen vorhanden sind. Dies wird für Zentren mit entsprechender Expertise in den Leitlinien auch so empfohlen. Eine Lymphknotenresektion im lateralen Kompartment wird nur bei klinischem V.a. hier vorliegende Metastasen oder ausgedehntem Befall von Lymphknoten im zentralen Kompartment durchgeführt. Im mediastinalen Kompartment werden nur tumorverdächtige Lymphknoten entfernt.

Bei den minimal kapsel-invasiven Karzinomen (MIFTC) ist die Thyreoidektomie nur bei Gefäßeinbruch (Angioinvasion) erforderlich. Aufgrund der geringen Lymphknotenmetastasierung ist eine prophylaktische Lymphknotenresektion nicht indiziert.

Bei allen anderen follikulären Karzinomen ist die Thyreoidektomie Standard. Eine prophylaktische Kompartmentresektion ist auch hier nicht erforderlich.

Diese Tumore haben leider eine sehr ungünstige Prognose aufgrund ihres sehr aggressiven Wachstums. Sofern möglich, wird eine radikale Tumorresektion empfohlen, insbesondere weil andere therapeutische Alternativen fehlen.

In 25 bis 30 Prozent der Fälle liegt beim medulläre Karzinom eine vererbliche genetische Veränderung zugrunde. Bei manchen Patienten lassen sich überdies Nebennierentumore (Phäochromozytome) und Veränderungen an den Nebenschilddrüsen (Adenome) diagnostizieren.

Für das medulläre Karzinom gibt es erfreulicherweise einen spezifischen Tumormarker, das Calcitonin, das als Basalwert und nach Stimulation mit Calcium gemessen werden kann. Bei stimulierten Werten > 100 pg/ml wird die Thyreoidektomie empfohlen. Bei basalen Calcitonin-Werten von 20-200 pg/ml wird die prophylaktische beidseitige zentrale Kompartmentresektion und die laterale Kompartmentresektion auf der Seite des Tumors durchgeführt. Bei Werten > 200 pg/ml wird auch das gegenüberliegende laterale Kompartment reseziert.

Bei den vererbbaren Formen sollte der Genträger möglichst früh eine prophylaktische Thyreoidektomie erhalten, spätestens aber wenn das stimulierte Calcitonin über die Norm ansteigt. Bei erhöhten basalen Calcitoninwerten wird dann auch eine prophylaktische zentrale und laterale Kompartmentresektion empfohlen.